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Kausalität
- 20. Juli 2018
- Posted by: Mika
Zu den wichtigsten Lektionen in der Statistik und empirischen Wissenschaften gehört die ständige Warnung, dass Korrelation keine Kausalität impliziert. In einer Untersuchung Kausalität nachzuweisen, ist äußerst schwierig und meist nur mit Einschränkungen möglich.
In der Forschung ist es allerdings oft von besonderem Interesse, Kausalität nachzuweisen und zu belegen. Hat man zum Beispiel ein Training oder eine Therapie für eine bestimmte Krankheit entwickelt, möchte man zeigen, dass die Methode wirksam ist. Und zwar muss dann die positive Wirkung eindeutig auf Elemente ebendieses Trainings oder die Therapie zurückführbar sein, und nicht auf andere Einflüsse.
Was führt zu Studien- und Berufserfolg, was ist das Geheimnis glücklicher Ehen, was bewirkt stabile Regierungen oder ein Eindämmen des Klimawandels? Wenn man alle verursachenden Faktoren kennt, so die Idee, muss man nur noch diese verändern und schon kann man gewünschte Resultate in den abhängigen Variablen erzielen. Es gibt also die Vorstellung, dass auf der Welt bestimmte Ursachen Effekte hervorrufen auf eine deterministische Weise. Diese Wirkung bezeichnet man als Kausalität.
Wenn Kausalität in einer Wirkrichtung vorliegt, passieren immer noch leicht logische Fehlschlüsse. Vielleicht kann bei einer Untersuchung gezeigt werden, dass alle überdurchschnittlich gewaltbereiten Personen auch Computerspielen mit gewaltsamem Inhalt spielen. Aus der Aussage „Gewaltbereitschaft führt zum Spielen gewalttätiger Computerspiele“ kann aber nicht der Umkehrschluss „Gewalttätige Computerspiele führen zu mehr Gewaltbereitschaft“ getroffen werden. Das ist eines der grundlegenden Prinzipien in der Logik.
Wenn es regnet, dann wird die Straße nass. Dies ist eine unumstößliche Regel, davon ausgehend, dass die Straße nicht irgendwie überdacht ist. Andersherum, wenn die Straße nass ist, heißt das natürlich noch nicht, dass es auch gerade regnet.
Wie oben schon erwähnt, kann von einem Zusammenhang nicht uneingeschränkt auf Kausalität geschlossen werden. Korrelieren Variable A und B, kann es sein, dass Variable A Variable B beeinflusst, oder umgekehrt Variable B auf Variable A wirkt oder es ein sogenanntes unabhängiges Drittes gibt, also eine weitere Variable X, die sowohl A als auch B beeinflusst.
Findest Du zum Beispiel in einer Studie heraus, dass in einem Schwimmbad die Menge des verkauften Speiseeises mit der Anzahl der Badeunfälle korreliert, könnte vorschnell geschlussfolgert werden, man solle den Verkauf von Speiseeis im Schwimmbad verbieten, um Badeunfälle zu verhindern.
Die Wirkrichtung kann zwar genau so sein, muss es aber nicht. Es könnte also sein, dass Personen durch den Eiskonsum einen zu vollen Bauch haben und deswegen nach dem Eiskonsum häufiger Unfälle passieren. Sehr plausibel ist das natürlich nicht.
Andersherum könnte es sein, dass die Unfälle dazu führen, dass mehr Speiseeis gekauft wird, weil die Verletzten und Angehörigen zum Trost und zur Beruhigung ganz viel Eis essen. Diese Erklärung scheint noch absurder.
Tatsächlich wird man durch Nachdenken schnell darauf kommen, dass es die theoretisch schlüssigste Erklärung ist, dass höhere Temperaturen dazu führen, dass mehr Besucher ins Schwimmbad kommen. Dann wird nicht nur mehr Eis verkauft, sondern es passieren leider auch häufiger Unfälle.
Es passiert allerdings sehr leicht, dass man den Kausalitätsfehlschluss dennoch beim Betrachten von Ergebnissen macht. Sicherlich hast auch Du schon vorschnell angenommen, es läge eine Kausalwirkung vor, obwohl diese logisch nicht zwingend war. Das passiert auch erfahrenen Statistikern noch, denn Menschen sind es gewohnt, in Kausalketten zu denken.
Gerade bei Längsschnittstudien ist die Versuchung oft groß, gefundene Zusammenhänge kausal zu interpretieren. Angenommen eine Studie zeigt, dass Studenten, die für ein Jahr im Ausland studiert haben, nach der Rückkehr eine höhere Kreativität haben als ihre Kommilitonen, die nicht im Ausland waren. Natürlich ist eine mögliche Erklärung, dass das Leben und Studieren im Ausland Kreativität fördert. Aber es kann natürlich auch sein, dass Personen, die ins Ausland gehen sich von solchen, die das nicht tun, noch in ganz anderer Hinsicht unterscheiden. Dann hat möglicherweise nicht der Auslandsaufenthalt an sich die Kreativität bewirkt, sondern das künstlerische Interesse, die größere Aufgeschlossenheit oder das Sprachtalent der Personen. Warum ist diese Unterscheidung so wichtig? Wenn der Auslandsaufenthalt nicht ursächlich für die Kreativitätssteigerung war, bringt es einer beliebigen Person nichts, zu diesem Zwecke ins Ausland zu ziehen. Sie wird die erhoffte Kreatitivitätssteigerung nicht beobachten können, weil es andere Faktoren waren, die in der Studie zu dem Effekt geführt haben.
Ein Ausweg aus dem Dilemma, Kausalität nachweisen zu wollen, sind Experimente. Es ist aber nicht immer möglich, Hypothesen mithilfe von experimentellen Designs zu überprüfen. Das unterstreicht die Bedeutung guter Theorien. Theorie und Empirie ergänzen und korrigieren sich gegenseitig – weder ist es sinnvoll sich auf rein datengetriebene Befunde zu verlassen noch auf plausibel klingende Theorien, die nie überprüft wurden. Der berühmte Ausspruch des Sozialpsychologen Kurt Lewin, nichts sei praktischer als eine gute Theorie, spielt genau auf diesen Sachverhalt an: Mithilfe von theoretischen Überlegungen lassen sich empirische Befunde einordnen. Theorien helfen auch bei der Versuchsplanung, geeignete empirische Studien zu entwickeln.